Der weltweit führende Gas-Konzern Linde liefert Gase für fast jede Lebenslage – von grünem Wasserstoff für die Industrie bis zu Sauerstoff für die Intensivstation. Weniger bekannt ist das hauseigene Produktionsunternehmen Linde Engineering, das im bayerischen Werk Schalchen Einzelkomponenten, Speicher und Prozessanlagen für die Gasproduktion fertigt. Dafür muss jedes Bauteil höchsten Anforderungen entsprechen.
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Es war eine Bachelorarbeit, die Joachim Stöckl überzeugte. Ein Student hatte im Jahr 2020 für ihn unterschiedliche Schneidetechnologien verglichen. Die Frage: Würde Linde Engineering von einer Laseranlage profitieren? Die Antwort war eindeutig.
Heute steht sie da – die ByCutStar 4020. Seit Oktober 2023 läuft sie im bayerischen Linde-Werk Schalchen. Dort ist Joachim Stöckl Fachgebietsleiter für die Vorfertigung. Sein Team schneidet Bauteile zu, die später in Gasspeicher und Prozessanlagen verbaut werden.
Schneller und präziser
Bisher hat Linde Engineering mit einem Plasma- und einem Wasserstrahlschneider gearbeitet. Das Laserschneidsystem ergänzt das Portfolio und übernimmt vor allem die Arbeit an Dünnblechen. Der Laser schneidet schneller, sauberer – und automatisiert. Das spart Nacharbeit.
Aufträge, für die wir früher einen Tag gebraucht haben, erledigen wir jetzt in rund einer Stunde.
Dank des Zeitgewinns vergibt Linde seltener Aufträge an externe Lohnschneider. Und: Das Laserschneidsystem braucht deutlich weniger Strom – und verursacht nur einen Bruchteil der Emissionen, die beim Plasmaschneiden entstehen. Das sind vor allem Rauch und Kleinstpartikel, die mit einem starken Abzug aus der Produktionshalle gesaugt werden müssen. Netter Nebeneffekt: Damit die Produktionshalle an kalten Tagen während des Plasmaschneidens nicht auskühlte, musste immer viel geheizt werden. Auch das muss jetzt nicht mehr sein.
Alles zusammengerechnet, kann Linde Engineering mit dem neuen System jährlich etwa einen mittleren sechsstelligen Betrag sparen. In nur drei Jahren, bei guter Auftragslage und Auslastung versteht sich, sollte sich die Investition bereits rechnen.
Oft entscheiden Kleinigkeiten
Das Werk in Schalchen ist groß – rund 200.000 Quadratmeter. Darauf hätten bequem 300 Einfamilienhäuser Platz, mit Garten. Und doch kam es am Ende auf wenige Zentimeter an: Für die Laseranlage gab es nur eine mögliche Stellfläche. Und die war knapp bemessen.
Bis zum vorletzten Design war die Anlage zu groß und hätte ein Zufahrtstor versperrt. Es war nicht einfach, alles unterzubringen, was wir wollten.
Gemeinsam mit Bystronic feilte das Team an einem passgenauen Layout. Unzählige Varianten wurden durchgespielt, bis die Lösung stand: eine kompakte Linienaufstellung mit Automation – zugeschnitten auf die Gegebenheiten vor Ort. Die finale Anlage misst jetzt 29,60 Meter in der Länge und 10,07 Meter in der Breite.
Individuelles Design mit großem Lager
„Das war Maßarbeit“, sagt Thomas Dörig, Leiter des Solution Centers bei Bystronic. „Aber genau dafür sind wir da – um individuelle Anforderungen in präzise Lösungen zu übersetzen.“
Und diese Übersetzung heißt: eine ByCut Star 4020 mit ByTrans Modular und ByTower Line. Das neue System übernimmt nicht nur den Zuschnitt, sondern auch die Be- und Entladung. Was früher mit Muskelkraft und Hallenkran erledigt werden musste, läuft jetzt automatisiert. Die Anlage holt sich die Bleche selbst aus dem Lager, trennt präzise Schnitt und Ausschnitt – und entlastet damit spürbar die Mitarbeitenden.
Dank der cleveren Anordnung konnten in zwei Türmen mit einer Höhe von jeweils 4,65 Metern vier Kassetten mehr untergebracht werden als in den Konzepten der Konkurrenz. Insgesamt stehen Linde Engineering 25 Kassetten zur Verfügung – 21 für Rohmaterial und 4 für die Entladung. Genug Kapazität, um flexibel zu arbeiten und effizient zwischen verschiedenen Materialien zu wechseln.
Intuitiv programmieren, flexibel produzieren
Bei Linde Engineering geht es um Präzision – und um Flexibilität. Beides liefert BySoft CAM, die Software, sie steuert den neuen Laser und ermöglicht es, Schneidpläne effizient und intuitiv zu erstellen. Ein integrierter Teile- und Auftragsmanager sorgt dafür, dass alle Daten jederzeit griffbereit sind.
Sobald die Schnitt-Profile programmiert und angelegt sind, ist die Anlage in wenigen Minuten bereit für den nächsten Auftrag. Genau das braucht Linde:
„Wir schneiden meist Einzelteile oder Kleinserien, maximal 100 Stück“, sagt Florian Mittermeier. Der 45-Jährige ist Gruppenführer in der Zuschneiderei und bedient den Laser seit seiner Inbetriebnahme. Nach einem siebentägigen Lehrgang bei Bystronic hat er sich schnell eingearbeitet – vieles ist heute Routine. „Wir sind jetzt deutlich flexibler in der Produktion.“
Höchste Materialansprüche
Ein weiteres Feature, das Stöckls Team überzeugte, ist die Gravur. Die Anlage versieht jedes Bauteil mit einer winzigen Nummer. Das musste bislang händisch mithilfe eines Nadelprägers gemacht werden. Grund ist die Nachvollziehbarkeit: Alles, was mit Gas zu tun hat, vom Rohblech bis zum fertigen Druckbehälter, muss durch eine technische Abnahme.
Fällt ein Fehler auf, muss jedes Bauteil identifizierbar sein. Das zeigt sich besonders bei den LKW-langen Wärmeaustauschern, die in Schalchen entstehen. Die Wärmetauscher verflüssigen Gas und können in einem Temperaturbereich von etwa - 270 Grad Celsius, also knapp über dem absoluten Nullpunkt, bis hin zu 600 Grad Celsius arbeiten. Selbst einem hohen Druck von bis zu 1.400 Bar widerstehen sie.
Deshalb geht es uns nicht um maximale Auslastung, sondern bei jedem Schnitt steht Qualität und Zuverlässigkeit im Vordergrund.
Gemeinsam zum Ziel
Seit Ende 2023 ist der Laser im Einsatz, die Automation kam wenige Monate später hinzu. Technik, Team und Prozesse sind inzwischen eingespielt. Kleinere Herausforderungen im Betrieb wurden gemeinsam mit dem Bystronic-Service zügig gelöst.
„Wir hatten nie das Gefühl, dass man uns allein lässt, sondern dass man uns eine perfekte Laserschneidanlage hinstellen will“, sagt Joachim Stöckl.
Der Betrieb hat sich mittlerweile eingespielt. Technik, Team und Prozesse stimmen. Die neue Lasertechnologie spart Linde Engineering nicht nur Energie, sondern schafft auch Spielraum für neue Ideen. Das Team von Joachim Stöckl kann jetzt schneller, nachhaltiger und unabhängiger produzieren – ein wichtiger Schritt in Richtung Zukunft.