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News «Das perfekte Zusammenspiel von Hard- und Software»

Welche Möglichkeiten eröffnet die Vision der Smart Factory für Blechfertiger? Welche Rolle spielen Werkzeugmaschinen und Software darin? Und wie begleitet Bystronic Anwender auf dem Weg in die Smart Factory? Darüber spricht Bystronic CTO Dr. Christoph Rüttimann im Interview mit dem Fachmagazin Industrie Anzeiger.

Herr Dr. Rüttimann, wie sieht Bystronic das Thema Smart Factory?

Für uns steht immer der Kunde im Fokus. Ihn wollen wir befähigen, an der Spitze des Wettbewerbs bestehen zu können – egal, ob er Kleinlose fertigt oder Grossserien. Unsere Vision ist, dafür eine Smart Factory anbieten zu können, in der alle Prozesse von der Auftragsanfrage über die Anlieferung der Bleche bis zum Versand der fertigen Werkstücke automatisiert ablaufen. Dabei ist natürlich Software ein zentrales Element. Aber auch die Maschinen werden immer schneller und präziser. Und damit das Konzept einer autonomen Fertigung aufgeht, müssen sie bei hoher Verfügbarkeit absolut zuverlässig arbeiten. Das perfekte Zusammenspiel von Hard- und Software ermöglicht es, die Wirtschaftlichkeit weiter zu steigern.

Wie wird sich das Verhältnis zwischen Software, digitaler Vernetzung und Mechanik künftig entwickeln?

Im Moment überwiegt der Fokus auf die Mechanik noch. Ich gehe davon aus, dass das auch noch ein paar Jahre so bleiben wird, aber sicher nicht mehr die nächsten zehn Jahre. Langfristig wird Software die dominierende Komponente sein.

Ist eine Smart Factory in der Praxis tatsächlich schon realistisch?

Die Smart Factory ist unsere Vision. Wir begleiten unsere Kunden auf dem Weg dorthin Schritt für Schritt. Zunächst geht es darum, die nötigen Daten zu erfassen, effizient auszuwerten und übersichtlich darzustellen – etwa über unsere Monitoring-Lösung ByCockpit. Das hilft ihm, Entscheidungen zu treffen, Prozesse zu optimieren oder präventiv einzugreifen. Aber das ist nur ein Zwischenschritt auf dem Weg zur autonomen Fabrik, in der die Daten automatisiert genutzt werden, um Prozesse zu steuern.

Wo steht Bystronic heute auf dem Weg zur Smart Factory?

Wie alle unsere Marktbegleiter stehen auch wir noch am Anfang dieser Entwicklung. Der Markt, den wir bedienen, ist noch stark geprägt von kleineren Unternehmen, Lohnfertigern etwa, deren Fokus noch auf einzelnen Maschinen oder automatisierten Zellen liegt. Insofern bestimmt hier auch der Markt das Tempo. Wir bieten schon Komplettlösungen an, die zwar automatisiert, aber noch nicht vollständig mit der Umgebung vernetzt sind. Selbstverständlich setzen wir solche Systeme auch in unserer eigenen Fertigung ein. Das ist wichtig für die Weiterentwicklung, aber auch, um unsere Kunden zu überzeugen.

In welchen weiteren Schritten soll die Vision umgesetzt werden?

Wir sehen das als vierstufigen Prozess, der mit der Automatisierung und der digitalen Vernetzung beginnt. Auf der zweiten Stufe gilt es, die Konnektivität zwischen den Systemen herzustellen, um Daten austauschen und sammeln zu können, die wir dann im dritten Schritt analysieren und auswerten, um dann schliesslich über eine Plattform neue Services anbieten zu können. Das ist aber kein serieller Prozess, sondern läuft für einzelne Anwendungen parallel. In naher Zukunft wollen wir eine vollautomatisierte Smart-Factory-Lösung anbieten können, bei der alle Komponenten aufeinander abgestimmt sind, der Produktionsfluss optimiert ist und auch Maschinen anderer Anbieter eingebunden werden können. Um das zu erreichen, bauen wir unsere Software-Kompetenz konsequent aus.

Sollten solche Plattformen nicht offen und mit anderen vernetzbar sein?

Absolut. Das System muss modular und so aufgebaut sein, dass die Konnektivität gegeben ist und man bei sich ändernden Anforderungen relativ einfach reagieren kann. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist aber auch, beim Anbieter der nötigen Cloud-Lösung auf den richtigen Partner zu setzen.

Welche Rolle spielt künstliche Intelligenz?

Das wird immer mehr zum Thema, etwa für sich selbst optimierende Teilsysteme in Maschinen. Allerdings steht der Maschinenbau hier noch ziemlich am Anfang. Wir bereiten unsere Schneid-, Biege- und Automationssysteme bereits jetzt darauf vor, sie künftig entsprechend auszustatten.

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Dieses Interview erschien am 28. Januar 2019 im Fachmagazin Industrie Anzeiger 2.2019

Mona Willrett, Industrie Anzeiger

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«Wir beraten unsere Kunden auf dem Weg zur Smart Factory detailliert. Wir können ihnen dabei aufzeigen, was in ihrer Fertigung in Zukunft möglich wird.»

«Wir beraten unsere Kunden auf dem Weg zur Smart Factory detailliert. Wir können ihnen dabei aufzeigen, was in ihrer Fertigung in Zukunft möglich wird.»

Welche Module bietet Bystronic, um eine Smart Factory aufzubauen?

Wir bewegen uns entlang der Wertschöpfungskette unserer Kunden. In diesem Rahmen bieten wir modulare, flexible Lösungen, die sich nach Bedarf kombinieren lassen. Das reicht von der Materialbeschaffung und -verwaltung über die Lagerhaltung und die Intralogistik bis hin zur automatisierten Schneid- und Biegebearbeitung. Ein breites Beratungs-, Finanzierungs- und Serviceangebot entlang dieser Prozesse rundet unser Portfolio ab.

Für welche Anwender sind solche Systeme interessant und sinnvoll?

Der Nutzen ist für alle gleich. Es geht darum, kostengünstig und flexibel qualitativ hochwertige Produkte herzustellen. Wir sehen auf dem Markt, dass sich kleinere Betriebe zusammenschliessen, um beispielsweise eine Nachfolgeregelung zu treffen oder weil das nötige Fachpersonal fehlt und gar keine andere Möglichkeit bleibt als zu automatisieren. Natürlich ist es für grössere Betriebe einfacher, die nötigen Investitionen zu stemmen. Kleinere Betriebe werden dann im nächsten Schritt auch profitieren.

Welche Voraussetzungen muss ein Interessent erfüllen, um profitieren zu können?

Er sollte ein konkretes Ziel, eine klare Vision haben. Wir sehen in unseren Gesprächen immer wieder, dass potenzielle Kunden noch keine genaue Vorstellung davon haben, was sie erreichen können. Wenn die Systeme präzise aufeinander abgestimmt sind, spielt es im Endeffekt keine grosse Rolle, ob es um Massenfertigung oder kleine Lose geht. Die Maschinen sind vernetzbar, das ist kein Problem. Aber bei der Frage, wie die vor- und nachgelagerten Prozesse eingebunden werden sollen, ist ein klares Bild nötig. Deswegen beraten wir unsere Kunden auf dem Weg zur Smart Factory detailliert. Wir können ihnen dabei aufzeigen, was in ihrer Fertigung in Zukunft möglich wird.

Sind die Betriebe denn überhaupt bereit, sich zu öffnen und Daten zu teilen?

Je klarer der Nutzen für unsere Kunden wird, umso mehr erleben wir, dass die Bereitschaft wächst, Daten zu teilen. Vor allem, weil die Kunden mehr und mehr verstehen, dass wir nur Maschinendaten brauchen, die keine Rückschlüsse auf ihr Prozess-Know-how zulassen. Im Zentrum steht das Vertrauen unserer Kunden. Je mehr Daten sie mit uns teilen, desto bessere Lösungen können wir in Zukunft für sie anbieten.

Wie ist das Interesse der Kunden bislang?

Es kommt stark auf die Firmenkultur und die Offenheit an. Wir sehen beides: Kunden, die ihren Fokus weiter auf die Maschine legen, aber inzwischen wächst auch die Offenheit, Daten zu teilen. Einfach weil immer mehr Kunden den Nutzen erkennen.

Ist die Sorge berechtigt, dass diese Technologie Arbeitsplätze kosten wird?

Das sehe ich nicht so. Die Jobs werden sich sicher verändern. Es werden Aufgabenfelder verschwinden, dafür entstehen aber auch neue Berufsbilder. Bislang hat noch jede industrielle Revolution mehr Arbeitsplätze neu geschaffen als sie gekostet hat.

Mit welcher Philosophie begleitet Bystronic den Aufbau einer Smart Factory?

Wir sind beim Aufbau unserer Fertigungslösungen offen für die Einbindung von Fremd- oder Drittanbietern. Damit wollen wir unseren Kunden die grösstmögliche Flexibilität bieten. Wenn man unsere Philosophie mit einem offenen System wie Android oder dem geschlossenen Ansatz von iOS vergleichen wollte, dann sind wir eher auf der Android-Schiene.

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Dieses Interview erschien am 28. Januar 2019 im Fachmagazin Industrie Anzeiger 2.2019

Mona Willrett, Industrie Anzeiger

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